think

Freitag, 12. Dezember 2008

strange times

Der Vollständigkeit halber ein kurzes Update:

Zwei Hospitationsphasen an so genannten Förderschulen, viele Eindrücke gesammelt, die, kurz gefasst, meine Überzeugung gefestigt haben, dass diese Art der Selektion nicht nur wenig bringt, sondern eigentlich ein gesellschaftlicher Skandal sind. Das System entlastet sich auf Kosten der dort arbeitenden und lernenden Menschen.

Sechs Bewerbungen geschrieben, fünf Einladungen zu Gesprächen erhalten, eins bereits bewältigt. Ein Ergebnis gibt es noch nicht; die Kandidatenschar ist groß, die Auswahlkommission tagt noch weiter.

Komische Gefühle in dieser Zwischen-Phase. Den großen beruflichen Wurf wird es nicht geben, die Sehnsucht nach der kleinen, sicheren Insel wächst und damit meine Bereitschaft und meine Hoffnung auf die nächst liegende Lösung, gegen die ich mich lange innerlich gesträubt habe. Ein nüchterner Blick von außen wird wohl erst später wieder möglich sein.

Dienstag, 25. November 2008

Nach dem Tag P, 2

Sehr geschmeidig, sehr pragmatisch füge ich mich mit neuem Status in das Kollegium ein. Schweige an vielen Stellen in der Konferenz (und irritiere dann doch durch die paar Bemerkungen, die ich mache). Kopiere jede Menge Arbeitsblätter, um eine etwas holprig eingeleitete Klassenvertretung zu bewältigen. (Es sind welche aus einem guten Lehrwerk, beruhige ich mich.) Halte mich zu bedeckt, wenn diskutiert wird, welche der Kinder doch besser in "kleinere Gruppen", sprich: Förderschulen, ausgelesen überwiesen werden sollen. Weil ich durchaus die Not im halbherzig realisierten Gemeinsamen Unterricht sehe. Weil ich konfliktscheu bin. Und weil ich mich allein fühle mit vielen meiner Ansprüche - hier, an dieser Schule.

An dieser Schule habe ich mich nun beworben. Sie ist die nächstgelegene, die auf mein Profil passt. Hier weiß ich, was mich erwartet. Hier gibt es auch manches, was mich trägt. Hier könnte ich, wenn alles klappt, endlich mal ankommen. (Erst einmal jedenfalls.) Zeit würde es. Und eine schwierige Gratwanderung.

Freitag, 10. Oktober 2008

Reflexions-Reflexe

"Es gibt kein Lehren ohne Lernen", fand ich vor ein paar Tagen bei Paulo Freire und war direkt angesprochen. Den Sinn und die Notwendigkeit der pädagogischen Reflexion im wikipedischen Sinn habe ich im Verlauf der vergangenen Ausbildungsjahre verstanden, akzeptiert und verinnerlicht. Die Reflexion als Reflex der zweiten Ausbildungsphase - gemeint ist: in jeder Unterrichtsstunde Besuchsstunde wird mit den Kindern "reflektiert" - nervt, nervt, nervt.

Kaum ein/e Ausbilder/in weiß einen, den inhaltlichen Kern betreffenden, Rat, außer: Eine Reflexion müssen Sie "zeigen". Aber wie, aber wo? Auf jeden Fall mit einer Kleingruppe, sagen die einen. Nein - die Großgruppe bietet sich an, sagen die anderen. (Wir sprechen dabei gerade über die exakt selbe Stunde). Ganz wichtig ist auch so etwas wie Studienseminar-Arithmetik: Hat man bereits eine Großgruppenreflexion gezeigt, ist beim nächsten Mal die in der Kleingruppe dran. Ob die konkrete Situation das hergibt, ist unwichtig. Die Situation ist entsprechend der fälligen Reflexionsform zu gestalten. Man hat ja sonst nichts zu bedenken. Einserkandidatinnen sollten zudem "am Angebot" mit den Kindern reflektieren können (und möglicherweise auch im Kopfstand). Und bitte nicht einfach so - etwa aus dem konkreten Fall, der vorliegenden kognitiven Irritation heraus - sondern didaktisch und organisatorisch arrangiert. Mit vorbereiteten Satzanfängen und lustigen Symbolkärtchen. Oder Abstimmungskärtchen, Magnetplättchen, handlaminierten anklettbaren Reflexions-Objekten. Alles ist machbar.

Und worüber soll nachgedacht werden? Ums Inhaltliche, also grob gesprochen: Was hast du, was haben wir gelernt? Ist erlaubt - fast immer. Obwohl auch da die drolligsten Differenzen berichtet werden. Fachleiter X hat das Nachdenken übers Methodische, z. B. Arbeitsformen und Lernstrategien, unter Verhängen von Tiefstnoten verboten. Fachleiterin Y wiederum empfindet alles andere als methodisches Reflektieren, zumindest im sprachlichen Anfangsunterricht, als höchst problematisch.

Und so wird durch kleinkarierte Oberfächlichkeiten eine gute Idee verhunzt zur mechanischen Pflichtübung. Das von oben verordnete Nachdenken über Schule, Lernen, gemeinsames Arbeiten löst bei angehenden Lehrer/innen plötzlich nur noch Widerwillen, Stress, Verunsicherung aus, und es bringt niemanden weiter, am allerwenigsten die Kinder. "Können wir jetzt mal endlich arbeiten?" Wurde ich auch schon gefragt, mitten in einer dieser unsäglichen Runden mit einem Haufen Reflexions-Hilfen.

P.S. Am P-Day wird in Englisch in der Kleingruppe reflektiert. In Deutsch kommen wir im großen Kreis zusammen. Oder umgekehrt. Oder.

Ääh...?

Donnerstag, 10. Juli 2008

Unterrichtsfreie Zeit, Ferien, Urlaub

Keine größeren Reden außer diesem einen Satz über den Unterschied zwischen Ferien und unterrichtsfreier Zeit. Gut, dass es morgen in den Urlaub geht, sonst würde ich mich die ganzen sechs Wochen lang nicht von den Gedanken an das neue Schuljahr lösen können.

Anfangsunterricht werde ich machen, in Deutsch und Englisch, mit den Erst- und mit den Drittklässlern. Beides ist neu, beides wäre an sich schon aufregend genug, aber es kommt ja noch das planning-to-the-test hinzu. Zwei Unterrichtsbesuche (in der zweiten und vierten Unterrichtswoche) wollen ebenso bedacht sein wie die finalen Prüfungen im November.

Den Gegenentwurf zum ständigen Kreisen um das Wie und Warum der Unterrichtsgestaltung erlebte ich Anfang der Woche bei meinen Kolleginnen aus dem ersten Schuljahr. Alles ist „offen“, kaum etwas wird geplant. Vorteil: Ich habe relativ viel Gestaltungsmöglichkeiten. Nachteil: Keine Ahnung, wie die Kolleginnen so einen Neuanfang planen. Sie sagen: Wir müssen erst mal sehen, wie es läuft, benennen aber keine konkreten (diagnostischen) Schritte. Sie sagen: Es braucht erst mal viel Zeit für die einfachsten Dinge; Arbeitsblätter abheften und so. Ja klar, sage ich, und zweifle doch schon wieder. Stapeln sie nicht furchtbar niedrig? Oder: Auch das Arbeitsblattabheften muss doch nicht sofort perfekt sein! Das lernen die Kinder durchs Tun, wie vieles andere auch. Aber wie es wirklich geht, was die Kinder können und wollen und welche meine Rolle dabei ist...? Viel gelesen, viele Ideen anderer schwirren im Kopf herum. Das alles in eine fundierte Praxis zu überführen, zum allerersten Mal, belagert meine Tag- und Nachtgedanken.

Gut, dass es morgen in den Urlaub geht. Drei Bücher just for fun kommen mit - und nur zwei Bücher zum Anfangsunterricht.

Sonntag, 22. Juni 2008

Von wegen Ausbildung:

Was wäre, wenn
  • es echte Ausbildungsschulen gäbe,
  • an denen auch die Ausbildenden selbst arbeiten
  • (statt an Seminaren entweder „Uni light“ zu spielen
  • oder massenhaft Kopien zu verteilen
  • oder virtuelle Praxis zu simulieren).
Was wäre, wenn
  • an diesen Ausbildungsschulen
  • Ausbildende und Auszubildende gemeinsam
  • an einer Schule arbeiteten,
  • in der die Erkenntnisse aus Forschung und reformorientierter Praxis
    ernst genommen werden,
  • in der langfristig geplant, realisiert und evaluiert wird,
  • Prozesse beobachtet und bearbeitet werden,
  • in der die Auszubildenden je nach Situation und Entwicklungsphase
  • beobachten, abgucken, mitmachen, mitgestalten, selbst gestalten, fragen, antworten... können?
Es wäre eine Menge gewonnen.
  • Die Auszubildenden kämen raus aus dem ewigen Zirkus der punktuellen Bewertungsbesuche,
  • die Ausbildenden bekämen ein viel aussagekräftigeres Bild über die Arbeit der Auszubildenden,
  • die Ausbildungsstätten könnten vielleicht sogar zu Keimzellen einer flächenwirksamen Schulentwicklung werden.
Schön wär’s.

Sonntag, 1. Juni 2008

Balanceakt

"Ausgeglichenheit hat man durch Veranlagung, Sozialisation oder Lebenserfahrung." (Wikipedia)

So alt kann ich gar nicht werden, dass ich diesen Zustand jemals erreichen werde.

Warum nur lasse ich den nächsten UB nicht einfach geschehen und sage: Seht her, das ist das, was ich sowieso zu diesem Zeitpunkt in dieser Stunde machen wollte! Gut so - oder?

P.S. Das allein wäre natürlich noch kein Zeichen für Ausgeglichenheit. Ausgeglichenheit wäre, ein angemessenes Verhältnis von Pflicht und Kür, von An- und Entspannung, von Selbstbezogenheit und Beziehungen zu den Anderen zu finden. Zum Beispiel.

Mittwoch, 28. Mai 2008

Von wegen "Sinn"

Ach, das klingt jetzt doch ein bisschen toll, was da am späten Abend so im Kopf herumschwirrte.

Sinn ist ein großer Begriff für ein paar erfolgreiche individuelle Schritte. Selbst wenn gelgentlich einzelne Kinder von der persönlichen Sinnsuche ihrer Lehramtsanwärterin profitieren. Aber nur mal vom Standpunkt "gute Schule" aus betrachtet, sind die meisten settings und Inhalte, in und an denen ich mich abmühe, reichlich sinnlos. Althergebrachter Unterrichts-Aktionismus, meistens.

Mittwoch, 9. April 2008

Fundsache

Fishing for impressive statements... Staatsarbeit-Reflexe. Das Thema beschäftigt mich, so oder so. Und so finde ich einen Gedanken, der eine deutliche Haltung bezieht zu der Entwicklung, die ich hier beschreiben musste:

Wenn Sie zu viel am Kind auszusetzen haben, weil es unleserlich auf ein Blatt Papier geschrieben hat, weil es seine Sätze nicht nochmals durchgelesen und sich gewählt ausgedrückt hat, wenn Sie schließlich eine Note geben, die mit einem Mal seine Begeisterung dämpft, ist der Zauber dahin. Mit solchen Methoden werden Sie vielleicht schulisch ausgerichtete Erzählungen erhalten, aber keine freien Texte. Das soll übrigens nicht bedeuten, daß Sie das Kind irgendwas schreiben lassen sollten. Jeder Schüler weiß wohl, daß eine flüchtig erledigte Arbeit nicht den Beifall seiner Kameraden hervorrufen wird.

Célestin Freinet (1981): Praxis der Freinet-Pädagogik. Paderborn u.a.: Schöningh, S. 52.

Soundtrack




Beth Gibbons & Rustin Man
Out of Season


Adele
19

Aktuelle Beiträge

Umgezogen
... und zwar hierhin.
girl scout - 19. Feb, 22:21
Arrival
Am 16.12. eine unbefristete Stelle an meiner Ausbildungsschule...
girl scout - 17. Dez, 19:25
strange times
Der Vollständigkeit halber ein kurzes Update: Zwei...
girl scout - 12. Dez, 08:17
Von wegen Ankommen
Mal was Positives, und zwar über mich selbst. Mit Ende...
girl scout - 26. Nov, 21:50
Nach dem Tag P, 2
Sehr geschmeidig, sehr pragmatisch füge ich mich mit...
girl scout - 25. Nov, 22:30

Suche

 

Status

Online seit 6148 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 19. Feb, 22:21

Credits

________

User Status

Du bist nicht angemeldet.

blather
break
ego
flat
hard
high
low
sour
sweet
think
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren